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LG Stendal: Schuldner muss (pfändbares) Vermögen zurückstellen, um Kosten eines nahenden Insolvenzverfahrens zu bedienen

Hier der Hinweis auf eine bemerkenswerte Entscheidung des LG Stendal, Beschluss vom 04.09.2014, Aktenzeichen: 25 T 131/14 – Leitsätze des Gerichts:

  1. Ein Schuldner, der von einem nahenden Insolvenzverfahren Kenntnis hat, ist verpflichtet Ausgaben zurückzustellen, um mit dem so eingesparten Betrag die Verfahrenskosten bedienen zu können.
  2. Kommt der Schuldner dieser Verpflichtung nicht nach, so ist er so zu stellen, als wäre der entfernte Betrag noch in seinem Vermögen vorhanden.
  3. Eine Stundung der Verfahrenskosten ist aufgrund der Regelung des § 1 Satz 2 InsO auch dann zu versagen, wenn dieser fiktiv angenommene Betrag nur einen Teil der Verfahrenskosten deckt. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Handlung des Schuldners nicht den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO (Vermögensverschwendung) erfüllt.

Ergänzende Hinweise:

Das LG Stendal bezog sich bei den Ausgaben, die nach seiner Ansicht nicht hätten erfolgen dürfen, um Stundung zu erhalten, auf Zahlungen aus dem pfändbaren Vermögen: „Nach § 36 InsO gehören unpfändbare Gegenstände nicht zur Insolvenzmasse. Insofern ist unpfändbares Vermögen bei der Prüfung des § 4a Abs. 1 InsO außer Betracht zu lassen“

Des Weiteren stelle das LG fest: „Unerheblich ist hierbei, für welche Zwecke der Schuldner den Betrag abgehoben hat. Weder die Bedienung eines Rückforderungsanspruches des Jobcenters, noch die Reparatur des Fahrzeuges des Schuldners rechtfertigt die Abhebung des Betrages. Dem Jobcenter wäre es möglich gewesen, den Rückzahlungsanspruch in einem Insolvenzverfahren zur Tabelle anzumelden. Soweit der Schuldner ausführt, er benötige seinen PKW, um seinem Nebenberuf nachzugehen, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Belange vor dem Hintergrund des beabsichtigten Insolvenzverfahrens zunächst zurückzustehen hatten.“

Schließlich befasste es sich auch mit dem Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO (Vermögensverschwendung). Dies wurde allerdings abgelehnt: „Zum Einen ist nicht ersichtlich, dass es sich bei der Autoreparatur um die Begründung einer unangemessenen Verbindlichkeit handelt. Bei der Frage, ob eine Verbindlichkeit unangemessen ist, handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. Hierbei sind die Lebensumstände des Schuldners und die sich aus seiner beruflichen Tätigkeit ergebenen Bedürfnisse zu berücksichtigen (vgl. Braun, a.a.O. [Anmerkung: Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl.], § 290, Rdn. 19 m.w.N.). Aufgrund der Tatsache, dass der Schuldner auf die Reparatur seines Fahrzeuges zur Durchführung seiner nebenberuflichen Tätigkeit angewiesen ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine unangemessene Verbindlichkeit handelt. (…) Nicht jede Verbindlichkeit, die mit Blick auf die beantragte Verfahrenskostenstundung nach der oben genannten Rechtsprechung zurückzustellen ist, ist auch unangemessen im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO.

Im Übrigen kann eine Gläubigerbenachteiligung mit der erforderlichen Sicherheit nicht festgestellt werden. Der hier streitgegenständliche Betrag wäre in jedem Fall zur Begleichung der Verfahrenskosten aufgewandt worden, weswegen die Insolvenzgläubiger durch sein Fehlen voraussichtlich nicht beeinträchtigt sind.“

Ergänzung: siehe auch Guido Stephan zu LG Stendal, 25 T 131/14