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LG Hamburg zur Anordnung des Unterbleibens der Vollstreckung der Einziehung des Wertersatzes (§ 459g Abs. 5 StPO)

Nach § 459g Abs. 5 StPO unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung der Einziehung des Wertersatzes (§ 73c StGB), soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist oder die Vollstreckung sonst unverhältnismäßig wäre. Dazu hat das LG Hamburg am 27.5.2021, 605 StVK 314/20, entschieden (Leitsätze Matthias Butenob):

  1. Voraussetzung für eine Anordnung des Unterbleibens der Vollstreckung ist allein, dass das aus der Straftat Erlangte nicht mehr im Vermögen des Verurteilten vorhanden ist. Für eine wertende Entscheidung des Gerichts, die etwa die Gründe für die Entreicherung, z.B. ein etwaiges „Verprassen“ oder ähnliches einbezöge, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 459g Abs. 5 StPO kein Raum.
  2. Aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts ist auch für eine Ratenzahlungsregelung gemäß § 459a StPO kein Anwendungsspielraum eröffnet.
  3. Macht der Verurteilte geltend, über keinerlei Vermögenswerte zu verfügen, spricht für die Richtigkeit dieser Angabe indiziell der von dem Verurteilen vorgelegte Bescheid des Jobcenters, wonach der Verurteilte ALG Il-Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezieht.
  4. Ohne Auswirkung bleibt, dass ein zivilrechtlicher Bereicherungsanspruch gegen den Verurteilten unter den Gesichtspunkten der §§ 818 Abs. 4, 819 BGB möglicherweise fortbestünde.
  5. Es kann dahinstehen, ob sich nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Fortentwicklung der StPO vorn 20.01.2021 eine andere Rechtsfolge ergäbe, da die Zukunft des Entwurfs ungewiss und derzeit die aktuelle Gesetzeslage maßgeblich ist.

Entscheidung als Scan und als Text-PDF.

Diese wichtige Entscheidung reiht sich ein in weitere Entscheidungen, vor allem LG Bochum, 06.04.2021 – II-3 Kls-42 Js 725/09-8/10 und LG Leipzig, 05.02.2021 – 13 Qs 4/21. Grundlegend: BGH, 22.03.2018 – 3 StR 577/17. Aber auch: OLG Schleswig, 19.11.2020 – 1 Ws 187/20 (pauschale Behauptung der Entreicherung ungenügend) und KG Berlin, 07.09.2020 – 5 Ws 105/19161 AR 146/19 (tragfähige Tatsachengrundlage für Vermögensabfluss erforderlich).

Die Schuldnerberatung ist gut beraten, den § 459g Abs. 5 StPO stets im Blick zu haben. Siehe auch Zimmermann in https://www.infodienst-schuldnerberatung.de/die-einziehung-von-tatertraegen-rechtsgrundlagen-interventionen/

Zu Nummer 5 der Entscheidung siehe unsere Meldung vom 27.4.2021.