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Zur Unterscheidung von Insolvenzforderungen, Masseverbindlichkeiten und Neugläubigerforderungen bei Forderungen aus einem privaten Krankenversicherungsvertrag

In seinem  aktuellen Newsletter weist RA Kai Henning auf OLG Hamm Urt. vom 15.7.15, 20 U 234/14 hin. Seine Anmerkung dazu:

„Einige größere Anwaltsbüros machen aktuell Forderungen aus privaten Krankenversicherungsverträgen gegen Schuldner geltend, die sich in einem Insolvenzverfahren befinden. Hierbei werden auch vor Insolvenzeröffnung entstandene Prämienforderungen mit der Begründung eingefordert, der Krankenversicherungsvertrag (KV) sei nicht „vom Insolvenzbeschlag erfasst“ und die vor Eröffnung entstandenen Forderungen daher keine Insolvenzforderungen.

Gestützt wird die Argumentation auf eine Entscheidung des OLG Schleswig (30.12.14, 16 W 168/14ZVI 2015, 214) [Anmerkung: siehe dazu auch Behandlung privater Krankenversicherungsbeiträge im Insolvenzverfahren] und des BGH (BGH 19.2.14, IV ZR 163/13, ZInsO 2014, 833). Diese Ansicht trifft nicht zu. Vor Insolvenzeröffnung fällig gewordene Versicherungsprämien sind Insolvenzforderungen. Anhand der Entsch. des OLG Hamm soll dies erläutert werden.

Wesentlicher Trugschluss der gegen die Prämienschuldner gerichteten Argumentation ist, dass aus dem fehlenden Insolvenzbeschlag des KV folgen soll, dass vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Prämienforderungen keine Insolvenzforderungen sind. Hier werden aber zwei Dinge vermischt, die nichts miteinander zu tun haben. Der BGH hat in der oben angegebenen Entsch. (Rdnr. 14) festgestellt, dass der KV des Schuldners nicht vom Wahlrecht des Verwalters gem. §§ 103ff. erfasst wird, da dieser Vertrag nach § 850b ZPO geschützt ist und von daher nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegt. Der Verwalter darf also in den KV nicht eingreifen, um den Krankenversicherungsschutz des Schuldners nicht zu gefährden. Dieser Schutz des Krankenversicherungsvertragsverhältnisses hat aber keinen Einfluss darauf, ob Forderungen aus dem Vertragsverhältnis Insolvenzforderungen sind oder nicht. Denn diese Frage entscheidet sich allein nach § 38 InsO. Forderungen, die ihrem Rechtsgrund nach vor Insolvenzeröffnung entstanden sind, sind Insolvenzforderungen. Dies gilt auch für Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen.

Das OLG Hamm (siehe auch  OLG Frankfurt Urt. vom 24..4.2013 -7 U 142/12-) trennt daher in der vorliegenden Entsch. zutreffend zwischen Insolvenzforderungen, die vor Eröffnung des Verfahrens entstanden sind und die von der Restschuldbefreiung erfasst werden, zwischen Masseverbindlichkeiten, die aus Krankenversicherungsverträgen nicht entstehen können, da diese Verträge dem Insolvenzbeschlag nicht unterliegen und zwischen Neugläubigerforderungen als den Forderungen aus den KV-Verträgen, die nach Eröffnung des Verfahrens entstehen, vom Schuldner gezahlt werden müssen und nicht von der Restschuldbefreiung erfasst werden.