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Unzulässigkeit der Ruhendstellung einer Kontenpfändung gegen den Willen des Drittschuldners

Passend zur gestrigen Meldung (BGH zur Ruhendstellung einer Kontopfändung): „Der 11. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg entschied mit Urteil vom 26. Januar 2016 (Az. 11 K 2973/14), dass die Finanzbehörde nicht berechtigt sei, gegenüber der Klägerin die vorübergehende Aussetzung einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung anzuordnen. Hierfür gebe es keine Rechtsgrundlage. Das Gesetz sehe keine sog. Ruhendstellung vor. Das Finanzgericht ließ die Revision zu.“ Quelle und mehr: PM des Gerichts

Aus der Entscheidung:

„Das Zwangsvollstreckungsrecht ist als formalisiertes Verfahrensrecht öffentlich-rechtlicher Natur, und zwar unabhängig davon, ob der zu vollstreckende Anspruch seine Grundlage in zivilrechtlichen oder in öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen hat. Das schließt Dispositionen des das Verfahren betreibenden Gläubigers zwar nicht gänzlich aus, schränkt sie jedoch ein. Der Gläubiger kann grundsätzlich sowohl die Art der Vollstreckungsmaßnahme, den Gegenstand, in den vollstreckt werden soll, als auch den Zeitpunkt bestimmen, zu dem die Vollstreckung gegen den Schuldner erfolgen soll, soweit nicht zwingende Pfändungsschutzvorschriften oder sonstige zwingende gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.

Er kann auch eine beantragte Vollstreckungsmaßnahme inhaltlich beschränken oder zurücknehmen, die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme oder die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise bewilligen oder auf die durch eine bewirkte Pfändung erlangten Rechte ganz oder teilweise verzichten (§ 843 ZPO).

Nicht befugt ist er hingegen, die Rechtswirkungen der nach dem Gesetz vorgesehenen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch eine einseitige Anordnung dahin zu modifizieren, dass unter Aufrechterhaltung der Verstrickung die sich aus einem Pfandrecht ergebenden Rechtswirkungen vorübergehend entfallen. Eine solche Ruhendstellung oder Aussetzung der Wirkungen einer Pfändung ist in der ZPO nicht vorgesehen. Die in der ZPO geregelten Möglichkeiten der Beschränkung oder Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Vollstreckungsgericht oder ein anderes Vollstreckungsorgan sind jedoch im Hinblick auf das streng formalisierte Zwangsvollstreckungsverfahren als abschließend anzusehen (so jüngst der BGH in seinem Beschluss vom 2. Dezember 2015 – VII ZB 42/14, Wertpapier-Mitteilungen 2016, 133, unter Hinweis u. a. auf Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, dort Rz. 3 zu § 775 und Ehlenz/Joeres, JurBüro 2010, 62 ff.). Soweit Instanzgerichte in der Zivilgerichtsbarkeit (z. B. das LG Köln im Beschluss vom 25. Oktober 2006 – 13 T 214/06, juris, das LG Mönchengladbach im Beschluss vom 1. April 2005 – 5 T 114/05, JurBüro 2005, 499 und das LG Berlin im Beschluss vom 9. Januar 2006 – 81 T 1066/05, Rechtspfleger 2006, 329) eine andere Auffassung vertreten haben, folgt der Senat dem nicht.“