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LSG Hessen: Eine unter der Pfändungsfreigrenze liegende Erwerbsminderungsrente ist nicht insolvenzbefangen

LSG Hessen, 03.08.2016 – L 5 R 123/15 – Leitsatz:

  1. Eine unter der Pfändungsfreigrenze liegende Erwerbsminderungsrente ist nicht insolvenzbefangen und kann nach §§ 52, 51 Abs. 2 SGB I mit offenen Sozialversicherungsbeiträgen verrechnet werden, ohne dass die Vorschriften der InsO zur Anwendung gelangen.
  2. Die Krankenkasse ist unabhängig davon berechtigt, die offenen Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe im Insolvenzverfahren zur Tabelle anzumelden.

Anmerkung InsO-Newsletter RA Kai Henning:

„Die hier vom Hess. Landessozialgericht vertretene Ansicht ist der sozialrechtliche Blick auf das Ver- und Aufrechnungsproblem nach Insolvenzeröffnung. Sollte sich diese Ansicht abschließend durchsetzen, darf der Sozialleistungsträger bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung ver- und aufrechnen. Dies wäre eine eindeutige Privilegierung der Sozialleistungsgläubiger. Der BGH hat in seiner Entsch. vom 29.5.08 -IX ZB 51/07- dagegen die Möglichkeit der Auf- und Verrechnung gem. § 114 InsO auf zwei Jahre begrenzt, wobei aus der Entsch. nicht eindeutig hervorgeht, ob unter der Pfändungsgrenze liegendes Einkommen betroffen ist. Aus insolvenzrechtlicher Sicht kann gegen die Ansicht des Hess. Landessozialgericht weiterhin vorgebracht werden, dass § 96 InsO auch der Durchsetzung des allgemeinen Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes dient, und dass die InsO den hier betroffenen unter der Pfändungsgrenze liegenden Einkommensbereich gem. § 89 Abs. 2 InsO den Unterhalts- und Deliktsneugläubigern zuweist.“