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AG Charlottenburg zur Insolvenzanfechtung von Zahlungen an Schuldnerberatung

Hier der Hinweis auf ein Urteil des AG Charlottenburg vom 08.01.2015, Aktenzeichen: 205 C 194/14 zur Insolvenzanfechtung  (§ 129 Abs 1 InsO, § 133 Abs 1 S 2 InsO, § 143 Abs 1 InsO). Das AG macht Ausführungen zur Darlegungs- und Beweislast bei Zahlungen des Schuldners aus pfändungsfreiem Einkommen sowie zum Wegfall des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes bei Einschaltung eines Schuldnerberaters.

Daraus: „Die Beklagte (Anm.: Schuldnerberatung) kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, eine Gläubigerbenachteiligung scheide aus, da der Schuldner diese Zahlungen jeweils aus seinem pfändungsfreien Einkommen oder durch Dritte erbracht habe, so dass diese Beträge nie in die Insolvenzmasse gelangt wären. Der Vortrag der Beklagten, die nach Auffassung des Gerichts insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt, ist nach wie vor unsubstantiiert, so dass dahinstehen kann, ob die Pfändungsfreigrenzen auf Zahlungen aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens anwendbar sind. (…) Die Beklagte hätte daher konkret zu der Situation des Schuldners im Hinblick auf Einkommenshöhe, Unterhaltsbelastungen, laufende Verpflichtungen etc. vortragen müssen. Die Behauptung, er habe eine entsprechende Herkunft der Gelder mehrfach versichert, genügt insoweit nicht.  (…) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Zahlungen aus pfändungsfreiem Einkommen stammten, liegt bei der Beklagten. Das Gericht folgt insoweit der Rechtsprechung des OLG Stuttgart (OLG Stuttgart ZInsO 2004, 752 [755] = ZIP 2004, 129 [132]), dass ein Schuldner seine Gläubiger regelmäßig aus seinem pfändbaren Vermögen befriedigt. Die Befriedigung aus dem unpfändbaren Vermögen ist danach als Ausnahmesachverhalt anzusehen, der von demjenigen darzulegen und zu beweisen ist, der sich zu seinen Gunsten darauf beruft, vorliegend also von der Beklagten.

(…) Dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners steht nicht entgegen, dass die Zahlungen als Gegenleistung für eine Schuldnerberatung bzw. eine Haushalts- und Budgetoptimierung vorgenommen wurden. Zwar kann grundsätzlich die mit der Zahlung erworbene Gegenleistung gegen einen Benachteiligungsvorsatz sprechen, wenn sie einen Gegenwert darstellt, der letztlich allen Gläubigern zugute kommt. Das kommt zum Beispiel bei notwendigen Beratungsleistungen von Steuerberatern oder Rechtsanwälten oder bei Sanierungsberatungen in Betracht, die allerdings ernsthaft und mit geeigneten Mitteln geführt werden und auf eine objektiv mögliche Sanierung gerichtet sein müssen. Auf den vorliegenden Fall einer Schuldnerberatung übertragen bedeutet dies, dass bei Abschluss des Vertrages und Vornahme der Zahlungen ein sinnvoller Bedarf für eine entsprechende Beratung bestanden haben muss und der Schuldner redlicherweise subjektiv mit einer Verbesserung der Gesamtsituation auch im Interesse alle Gläubiger rechnen durfte. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall, denn bei der schon im Vertrag festgehaltenen Ausgangslage – 20 Gläubiger oder mehr und 2,3 Mio. € Verbindlichkeiten, auch aus Arbeitsverhältnissen – kam von vornherein ein Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 InsO nicht in Betracht. Der Versuch einer außergerichtlichen Einigung mit den zahlreichen Gläubigern, der einen Teil des behaupteten Aufwands der Beklagten ausmachte, war angesichts der Höhe der Forderungen und des aktuellen Einkommens des Schuldners objektiv nicht Erfolg versprechend. Es ist nicht ersichtlich, welchem auch den Gläubigern dienlichen Ziel die Schuldnerberatung vorliegend konkret hätte dienen sollen.“