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SG Osnabrück zum Mietvertrag zwischen minderjähriger Leistungsberechtigten und ihrer Mutter im SGB II

SG Osnabrück, Beschluss vom 25.08.2022, S 16 AS 212/22 ER – Leitsätze:

Schließt eine minderjährige Leistungsberechtigte mit ihrer Mutter (und gesetzlichen Vertreterin) einen Mietvertrag über ein Zimmer in der elterlichen Wohnung, so ist dieser zivilrechtlich nicht wirksam und deshalb für die Höhe der Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II nicht relevant.
Der Vertrag ist nach § 107 BGB schwebend unwirksam. Die Eltern konnten den Vertrag nicht nach § 108 BGB genehmigen. Bei der Mutter würde ein Verstoß gegen § 181 BGB vorliegen, der Vater hätte wegen § 1629 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB für das Geschäft mit seiner Ehefrau keine Vertretungsmacht.
Deshalb kann offen bleiben, ob ein Scheingeschäft nach § 117 BGB vorliegt, eine Vertretung des Kinds und der Abschluss des Mietvertrags nur gemeinschaftlich möglich waren und, ob § 1822 Abs. 1 Nr. 5 BGB (Genehmigungsbedürftigkeit bestimmter Mietverträge) i.V.m. § 1643 Abs. 1 BGB anwendbar ist.

Vgl. auch die PM des Gerichts sowie aus der Entscheidung selbst: Gemäß § 22 Abs.1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der Grundsicherungsträger hat nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur solche Kosten zu übernehmen, die dem Leistungsberechtigten tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht.

„Tatsächliche Aufwendungen“ für eine Wohnung liegen dabei nicht nur dann vor, wenn der Leistungsberechtigte die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt.

Vielmehr reicht es aus, dass der Leistungsberechtigte im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 37/08 R, Rn. 24). Dabei kann nicht schematisch auf die Elemente eines „Fremdvergleichs“, den der Bundesfinanzhof im Steuerrecht entwickelt hat (dazu etwa: (BFH, Urteil vom 05.02.1988, III R 234/84, Rn. 10), zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 37/08 R, Rn. 20; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.11.2021, L 7 AS 1200/21, Rn. 36). Allerdings spielt der in der Formel des BFH ebenfalls enthaltene Gesichtspunkt des tatsächlichen Vollzugs des Vertragsinhalts, also insbesondere die Feststellung, ob die Absicht bestand oder besteht, den vereinbarten Mietzins zu zahlen, auch im Falle der Grundsicherung eine Rolle (BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 37/08 R, Rn. 27).