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BGH zum Verbot der Pfändung eines Pkw bei einer psychischen Erkrankung des Schuldners

Aus der Entscheidung des BGH, Beschluss vom 10.08.2022 – VII ZB 5/22:

Mit der Neufassung gemäß § 811 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c ZPO sollen etwa auch Sachen geschützt sein, die der Schuldner aufgrund einer psychischen Erkrankung – wie beispielsweise eine Staffelei im Rahmen einer Kunsttherapie – benötigt (vgl. BT-Drucks. 19/27636, S. 29 f.); die in § 811 Abs. 1 Nr. 12 ZPO a.F. enthalten gewesene Beschränkung auf körperliche Gebrechen ist entfallen (vgl. Herberger, DGVZ 2021, 253, 255). (…)

Es reicht daher nicht aus, dass – wie der Schuldner geltend macht – der Pkw lediglich als Beförderungsmittel dazu dienen soll, an den Ort zu gelangen, an dem die Therapeutin praktiziert. Eine entsprechende Auslegung würde den Anwendungsbereich von § 811 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c ZPO übermäßig ausdehnen. (…)

Die Unpfändbarkeit des Pkw kann sich aber daraus ergeben, dass ihn der Schuldner benötigt, um damit die aus seiner psychischen Erkrankung herrührenden Nachteile teilweise zu kompensieren und seine Eingliederung in das öffentliche Leben wesentlich zu erleichtern. (…)

Die Pfändung eines Fahrzeugs hat demnach zu unterbleiben, wenn sie dazu führt, dass der Schuldner in seiner Lebensführung stark eingeschränkt und im Vergleich zu einem nicht behinderten Menschen entscheidend benachteiligt wird (BGH, Beschluss vom 16. Juni 2011 – VII ZB 12/09 Rn. 8, NJW-RR 2011, 1367; Beschluss vom 19. März 2004 – IXa ZB 321/03NJW-RR 2004, 789, juris Rn. 11). Diese Rechtsprechung kann angesichts des erweiterten sachlichen Anwendungsbereichs der Neuregelung in § 811 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c ZPO nunmehr auch bei psychischen Erkrankungen anwendbar sein.