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Entschließung BAG-SB-Jahresfachtagung: „Als Gläubiger sollte der Staat sozial und wirtschaftlich denken!“

Wer in Deutschland ein Privatinsolvenzverfahren eröffnen will, muss zuvor versuchen, sich außergerichtlich mit seinen Gläubigern zu einigen. „Doch von vielen öffentlich-rechtlichen Gläubigern werden solche Zahlungsvorschläge pauschal abgelehnt, ohne dass sie auf Wirtschaftlichkeit geprüft werden“, beklagte die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. auf ihrer Jahresfachtagung in Mainz. In der Folge entscheiden sich viele Menschen für ein Privatinsolvenzverfahren, obwohl es nur einen einzigen unnachgiebigen Gläubiger gibt: das Jobcenter, die Kindergeldkasse oder die Rentenversicherung.

Folgende Lösungsvorschläge wurden auf der Tagung beschlossen:

Grundsatz „An uns soll es nicht scheitern“
Gängige Praxis: Jegliche Einigungsversuche mit öffentlich-rechtlichen Gläubigern werden pauschal abgelehnt.
Lösungsvorschlag: Die Vorgaben [1] der Finanzämter, wonach ein Schuldenbereinigungsplan oder eine außergerichtliche Einigung nicht allein an ihnen scheitern soll, gelten für alle öffentlich-rechtlichen Gläubiger.

Kinder vor Verschuldung schützen
Gängige Praxis: Mehr als 517.000 Minderjährige haben aktuell Schulden beim deutschen Staat, insgesamt in Höhe von 173 Millionen Euro.
Lösungsvorschlag: Keine Rückforderungen von Schulden der Kinder.

Altersarmut verhindern
Gängige Praxis: Schulden beim Rententräger werden auch im Insolvenzverfahren weiter verrechnet. Oft leben die Menschen in dieser Zeit von Beträgen unter dem sozialrechtlichen Existenzminimum.
Lösungsvorschlag: Verrechnungs- / Aufrechnungsverbot im Insolvenzverfahren auch für öffentlich-rechtliche Forderungen.

Erreichbarkeit sicherstellen
Gängige Praxis: Für Schuldnerberatungskräfte und Verbände ist es schwer, den Inkasso-Service der BA in Recklinghausen oder andere Entscheidungsträger telefonisch oder schriftlich zu erreichen und zeitnah Anliegen zu besprechen.
Lösungsvorschlag: Ausbau des regelmäßigen Austauschs zwischen Gläubiger- und Schuldnervertretern – bestenfalls koordiniert und moderiert durch ein Bundesministerium.

Schadensminderungspflicht ernst nehmen
Gängige Praxis: Obwohl die Schuldnerberatung den öffentlich-rechtlichen Gläubiger anschreibt und über die Zahlungsunfähigkeit ihrer Ratsuchenden informiert, werden Zwangsvollstreckungen betrieben.
Lösungsvorschlag: Öffentlich-rechtliche Gläubiger unterlassen (aussichtslose) Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, sobald bekannt wird, dass der/die Schuldner/in zahlungsunfähig ist.

[1] Erlass des BFM vom 27.01.2021 (gilt laut AEAO zu § 251 Nr. 12.2 auch für Schuldenbereinigungspläne)

Quelle: BAG-SB