Kategorien
Uncategorized

Bundessozialgericht: Fristversäumnis ist unverschuldet, wenn Deutsche Post für die Zustellung länger braucht als von ihr grundsätzlich zugesagt

Zu Beginn der Kontoauszüge-Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt wird die fristgerechte Einreichung der Beschwerde bejaht und dabei auf BSG, 09.05.2022 – B 5 R 11/22 BH hingewiesen. Aus der BSG-Entscheidung (Fettdruck von uns):

(Rn 10:) Ein Fristversäumnis ist unverschuldet, wenn der Beteiligte die ihm nach seinen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt beachtet, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls nach allgemeiner Verkehrsanschauung zur gewissenhaften Prozessführung vernünftigerweise erforderlich ist (BSG Beschluss vom 27.3.2017 – B 9 V 68/16 B – juris RdNr 10 mwN). Bedient sich ein Beteiligter der Deutschen Post AG, so darf er regelmäßig darauf vertrauen, dass diese die von ihr für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten einhält. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass bei der Deutschen Post AG im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen entsprechend ihrer amtlichen Verlautbarungen grundsätzlich am folgenden Werktag ausgeliefert werden (BSG aaO; BSG Beschluss vom 27.11.2018 – B 2 U 17/18 B – juris RdNr 9; BVerwG Urteil vom 18.9.2014 – 5 C 18.13 – Buchholz 428.43 DDR-EErfG Nr 4 RdNr 15; BGH Beschluss 21.10.2010 – IX ZB 73/10NJW 2011, 458 – juris RdNr 15; BFH Beschluss vom 4.9.2008 – I R 41/08 – juris RdNr 11).

Dies gilt auch bei Aufgabe zur Post am Freitag (BVerwG aaO; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 67 RdNr 6a) und auch für einen mittels Einschreiben bei der Deutschen Post AG aufgegebenen Brief (siehe auch www.deutschepost.de/de/e/einschreiben/haeufige-fragen.html: „Einschreiben werden in der Regel am Tag nach der Einlieferung zugestellt.“; Abruf 4.5.2022). Ausweislich des Briefumschlags hat die Klägerin das Einschreiben bereits am 4.2.2022 (Freitag) zur Post gegeben. Mithin konnte sie davon ausgehen, dass das Schreiben ohne Weiteres innerhalb der am 11.2.2022 endenden Monatsfrist beim BSG eingehen werde.“

Im konkreten BSG-Verfahren scheiterte der Antrag aus anderen, inhaltlichen Gründen. Es wird jedoch grundsätzlich hinsichtlich der Frist der Weg gewiesen: die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.

Dazu dann das LSG Sachen-Anhalt: „Die Beschwerde im Verfahren L 5 AS 475/22 B ER ist zwar nicht in der Monatsfrist beim Sozialgericht eingegangen. Der Antragstellerin war jedoch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG zu gewähren. Das Fristversäumnis war unverschuldet. Bedient sich ein Beteiligter der Deutschen Post AG, so darf er regelmäßig darauf vertrauen, dass diese die von ihr für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten einhält. [… Verweis auf o.g. BSG]. Die Antragstellerin hatte die Beschwerdeschrift am 8. August 2022, einen Tag vor Fristablauf (9. August 2022), als Einschreiben zur Post gegeben. Sie konnte mithin davon ausgehen, dass die Beschwerde innerhalb der Frist bei Gericht eingehen werde.“

siehe auch https://www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/?s=post+einschreiben