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BGH: vollstreckbarer Auszug aus der Insolvenztabelle kann Nachweis für Vollstreckungsprivileg darstellen

So kann es kommen. Eben noch vermeldeten wir die Entscheidung des AG Zeitz, schon wurden wir auf den gegensätzlichen Beschluss des BGH vom 4. September 2019, VII ZB 91/17 hingewiesen. Dessen Leitsatz lautet:

Durch die Vorlage eines vollstreckbaren Auszugs aus der Insolvenztabelle kann der Gläubiger den Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs.2 ZPO führen, wenn sich daraus ergibt, dass eine solche Forderung zur Tabelle festgestellt und vom Schuldner nicht bestritten worden ist.

Update 6.6.2020 – Anmerkung RA Henning in seinem InsO-Newsletter 10-19:

„Der 7. Zivilsenat des BGH klärt hier eine von den Instanzgerichten bislang unterschiedlich beantwortete Frage. Während LG Lübeck (Beschl. vom 24.4.18 -7 T 185/18-) wie jetzt der BGH entschieden hat, hat das hier aufgehobene LG Koblenz (Beschl. vom 6.11.17 -2 T 723/17-) ebenso wie aktuell noch LG Hildesheim (Beschl. vom 12.09.2019 – 1 T 42/19-) die vollstreckbare Ausfertigung der Insolvenztabelle als Grundlage einer Vollstreckung gem. § 850f Abs. 2 ZPO abgelehnt.

Die Entscheidung verdeutlicht, wie wichtig -auch nach den Feststellungen des BGH- eine aktive Verfahrensbeteiligung des Schuldners durch Wahrnehmung seiner Rechte und konkret seiner Widerspruchsmöglichkeiten ist. Gerade der im eröffneten Verfahren nicht anwaltlich oder durch eine Schuldnerberatungsstelle vertretene Schuldner erkennt sein Recht zum Widerspruch aber oft nicht oder findet nicht rechtzeitig eine Beratungsmöglichkeit zu den erforderlichen Schritten. Von daher sollte der Schuldner schon während der außergerichtlichen Betreuung durch seine Berater/innen eindringlich auf seine Möglichkeit zum Widerspruch gegen die Anmeldung einer Forderung als vorsatzdeliktisch und nicht von der Restschuldbefreiung erfasst hingewiesen werden.

Der Verweis des BGH auf das Erfordernis einer wirksamen Anmeldung der vorsatzdeliktischen Forderung durch einen nachvollziehbaren, nicht nur schlagwortartigen Tatsachenvortrag betont aber auch die Verantwortung der Insolvenzgerichte. Sie haben zu prüfen, ob eine § 174 Abs. 2 InsO entsprechende Anmeldung vorliegt und die Anmeldung ggfls. zurückzuweisen, wenn die Anforderungen nicht erfüllt werden. Der Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist nur dann wirksam angemeldet, wenn der geltend gemachte Anspruch in tatsächlicher Hinsicht zweifelsfrei bestimmt ist und der Schuldner erkennen kann, welches Verhalten der Gläubiger ihm vorwirft (vgl. BGH Urt. v. 9.1.14 – IX ZR 103/13-). Eine die Anmeldung zurückweisende Entscheidung kann der Gläubiger mit der Rechtspflegererinnerung gem. § 11 Abs. 2 RpflG innerhalb einer Frist von 14 Tagen ab Zustellung angreifen. Über die Erinnerung entscheidet der Richter.“

Diese Seite wurde (zuletzt) aktualisiert am: 06.06.2020