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Bundesarbeitsgericht zur Berechnung des pfändungsfreien Einkommens bei Unterhaltszahlungen

BAG, Urteil vom 28.08.2013, Aktenzeichen: 10 AZR 323/12 – daraus:

Rz. 10 f: „I. Der Kläger ist klagebefugt, der Anspruch ist nicht Bestandteil der Insolvenzmasse.

1. Nach § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das Gesamtvermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse, nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO gilt ua. § 850c ZPO entsprechend. Unpfändbare Forderungen gehören demnach nicht zur Insolvenzmasse, sie sind dem Insolvenzverwalter nicht nach § 148 Abs. 1, § 80 Abs. 1 InsO zur Verwaltung übertragen (BGH 3. November 2011 – IX ZR 45/11 – Rn. 7; FK-InsO/Bornemann § 36 Rn. 14 ff.).

2. War die Ehefrau des Klägers nach § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO bei der Berechnung der pfändungsfreien Entgeltbestandteile zu berücksichtigen, konnte der Anspruch schuldbefreiend nur durch Zahlung an den Kläger erfüllt werden, für die materiellrechtliche Prüfung ist der Kläger aktivlegitimiert. Die Auffassung der Beklagten, das Arbeitseinkommen des Klägers unterfalle „vollumfänglich“ der Pfändung, sie habe an den Pfändungsgläubiger schuldbefreiend leisten können und es bestehe allenfalls ein vom Insolvenzbeschlag umfasster Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Nichtberücksichtigung von Unterhaltspflichten, findet im Gesetz keine Stütze. „Unpfändbares“ Arbeitseinkommen kann nicht gepfändet werden. Es steht dem Arbeitnehmer zu.“

Rz. 14 ff: „1. Nach § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO erhöht sich der Betrag, bis zu dessen Höhe das Arbeitseinkommen unpfändbar ist, wenn der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung ua. seinem Ehegatten Unterhalt gewährt. Der Schuldner muss den Unterhalt – freiwillig oder durch Beitreibung – tatsächlich leisten (allgemeine Meinung, BAG 21. Januar 1975 – 5 AZR 200/74 – BAGE 27, 4; 9. Dezember 1965 – 5 AZR 272/65 -; Stöber Forderungspfändung 15. Aufl. Rn. 1047; Stein/Jonas/Brehm ZPO 22. Aufl. § 850c Rn. 16 mwN).

a) Im Verhältnis zwischen Ehegatten kommt es nicht darauf an, ob der Schuldner tatsächlich einen Geldbetrag für den Unterhalt des Ehegatten abzweigt; dieser ist schon dann zu berücksichtigen, wenn der Schuldner aufgrund beiderseitiger Verständigung angemessen zum Familienunterhalt beiträgt (§§ 1360, 1360a BGB); bei Ehegatten, die in häuslicher Gemeinschaft leben, ist grundsätzlich von gegenseitigen Unterhaltsleistungen, durch die die Kosten des Familienunterhalts gemeinsam bestritten werden, auszugehen (BGH 3. November 2011 – IX ZR 45/11 – Rn. 9; BAG 21. Januar 1975 – 5 AZR 200/74 – BAGE 27, 4).

b) Der getrennt lebende Ehegatte hat nach § 1361 Abs. 1 BGB Anspruch auf angemessenen Unterhalt, der im Unterschied zum Familienunterhalt grundsätzlich als monatliche Geldrente zu leisten ist (§ 1361 Abs. 4 BGB). Der getrennt lebende Ehegatte wird bei der Bemessung des unpfändbaren Einkommens des Schuldners nach § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO nur berücksichtigt, wenn der Schuldner diesen Unterhalt auch tatsächlich leistet (Stöber Forderungspfändung Rn. 1051). Die Vermutung wechselseitiger Erbringung von Unterhaltsleistungen durch Ehegatten in häuslicher Gemeinschaft greift nicht.

c) Unerheblich ist, ob der Ehegatte eigene Einkünfte hat. Er wird bei der Berechnung des pfändungsfreien Entgelts trotz eigener Einkünfte berücksichtigt, wenn der Schuldner tatsächlich Unterhalt nach §§ 1360, 1361 BGB leistet. Der Gläubiger hat in diesem Falle nach § 850c Abs. 4 ZPO allerdings die Möglichkeit, einen Beschluss des Vollstreckungsgerichts zu erwirken, dass die unterhaltsberechtigte Person ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt.“