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Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde: AG Sinzig muss neu über Inkassokosten entscheiden

Hier der Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07. Juni 2023 – 2 BvR 2139/21. Aus der Entscheidung:

    „Das Urteil des Amtsgerichts Sinzig vom 1. September 2021 [14 C 104/21] verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG. (…) Das Amtsgericht ist auf den Vortrag der Beschwerdeführerin zur fehlenden Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten nicht eingegangen.

    Die Beschwerdeführerin hat gegenüber dem Amtsgericht mehrfach vorgetragen, dass sie nicht zum Ersatz der Inkassokosten verpflichtet sei, da die T. das Inkassounternehmen beauftragt habe, obwohl sie die Forderungen wiederholt bestritten habe. Im Urteil heißt es demgegenüber nur, die Beschwerdeführerin sei aus Verzugsgesichtspunkten auch zur Tragung von Inkassokosten verpflichtet. (…)

    Inkassokosten sind nach der höchst- und vielfachen obergerichtlichen Rechtsprechung sowie der herrschenden Meinung in der Literatur zwar grundsätzlich als Schadensersatz erstattungsfähig. Dies gilt mit Blick auf die Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB aber nicht, wenn der Schuldner erkennbar zahlungsunwillig war, etwa weil er Einwendungen gegen die Forderung erhoben hat [Quellen].

    Vereinzelt werden von dieser Ausnahme, wonach Inkassokosten nicht erstattungsfähig sind, wenn der Schuldner erkennbar zahlungsunwillig war, zwar Rückausnahmen gemacht. (…) Die Annahme einer solchen Rückausnahme lag hier jedoch fern. (…)

    Das Amtsgericht hat das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur fehlenden Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten auch im Anhörungsrügeverfahren nicht ausreichend zur Kenntnis genommen und erwogen, dies sogar trotz des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin das Amtsgericht mit der Anhörungsrüge ergänzend auf zwei Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts hingewiesen hatte, in welchen die herrschende Meinung zur Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten ebenfalls wiedergegeben ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 7. September 2011 – 1 BvR 1012/11 -; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Mai 2020 – 2 BvR 1762/16 -).“

    Zum Verständnis ist wichtig: das Bundesverfassungsgericht hat nicht final entschieden, dass in diesem Fall die Inkassokosten nicht zu zahlen sind. Es hat das Urteil des Amtsgerichts vom 11. August 2021 „nur“ teilweise aufgehoben und die Sache insoweit an das Amtsgericht zurück verwiesen.