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SGB II – „Sanktionsmoratorium“ vom 1.7.2022 an für ein Jahr

Heute wurde im Bundesgesetzblatt das Elfte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bekannt gegeben (BGBl. I Nr. 20, 921; offeneGesetze.de). Im neuen § 84 SGB II heisst es dann:

Übergangsregelung zu Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen

(1) § 31a ist bis zum Ablauf des 1. Juli 2023 nicht anzuwenden.

(2) § 32 ist bis zum Ablauf des 1. Juli 2023 mit der Maßgabe anzuwenden, dass Leistungen erst nach einem wiederholten Meldeversäumnis zu mindern sind. Ein wiederholtes Meldeversäumnis liegt vor, wenn das vorangegangene Meldeversäumnis weniger als ein Jahr zurückliegt.

(3) Die Minderung nach Absatz 2 ist bei mehreren Meldeversäumnissen auf 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs begrenzt.

Dazu Harald Thomé in seinem letzten Newsletter: „Erstmal zu den Fakten: laut Aussage der BA werden nur 3 % der ALG II-Beziehenden jährlich sanktioniert. Wenn für ein Jahr die Sanktionen (teilweise) ausgesetzt werden, wird die Welt nicht untergehen. Die Sanktionen waren DAS MITTEL um den Niedriglohn in Deutschland durchzusetzen, soziale Standards und bestehende Sicherungssysteme mit Einführung der AGENDA 2010 abzuschaffen. 

Bis zum Urteil des BVerfG wurden Sanktionen bis hin zur Obdachlosigkeit, absoluten Verschuldung und Existenzvernichtung, gerade junger Menschen, durchexerziert. Tacheles ist es Ende 2019 als Glanzstück durch öffentlichen Druck gelungen, die Weisung der BA zu den Sanktionen dahingehend zu beeinflussen, dass diese auf generell 30 % begrenzt werden. 
Die Wirkung von möglichen Sanktionen strahlte auf alle Leistungsbeziehenden und sogar prekär Beschäftigte. Alle Hartz-IV-Beziehenden wussten bis zur Entscheidung des BVerfG, das Jobcenter kann sie bis zur Obdachlosigkeit sanktionieren. Kooperation und damit Niedriglohn wurde mit diesem Instrument erzwungen. 
Nein, das „Abendland geht nicht unter“ vom Sanktionsmoratorium, mit diesen 3 % „unkooperativen Leistungsbeziehenden“ wird die Gesellschaft einfach leben können und müssen. Es ist vielmehr eine große Chance von der vorherrschenden Hetze gegen Erwerbslose wegzukommen und das System der sozialen Sicherung neu auszugestalten. 
Notwendig sind vielmehr existenzsichernde Regelleistungen, für alle, sei es für Erwerbstätige, RentnerInnen, Geflüchtete. Die Regelleistungen müssen sofort massiv hoch, und zwar viel mehr als die von Arbeitsminister Heil angekündigten 10 % = 45 – 50 EUR, sondern in einer Höhe die das menschenwürdige Dasein, die gesellschaftliche Teilhabe und die Inflationsrate in geeigneten Maße wiedergibt. Das bedeutet 150 – 200 EUR, nicht einmalig im Jahr, sondern jeden Monat!     
Notwendig ist Fördern, dass alles getan wird, damit Leistungsbeziehende qualifiziert und weitergebildet werden und nicht das Finanzieren von unsinnigen Maßnahmen, die nicht selten völlig am Arbeitsmarkt vorbeigehen und wo es vielmals um Finanzierung der Hartz IV – Beschäftigungsträger und das Schönrechnen von Arbeitsmarktstatistiken geht.  
Diese Chance zur Neugestaltung der Arbeitsmarktpolitik sollte von der Ampel jetzt ergriffen werden!“