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BGH zur Aussetzung von vor Insolvenzeröffnung ausgebrachter Pfändungen des Guthabens auf dem P-Konto

RA Kai Henning weist in seinem aktuellen Newsletter auf BGH, Beschl. 19.11.2020, IX ZB 14/20, die Pflichtlektüre sein dürfte. Leitsatz:

Die Verstrickung einer gepfändeten Forderung kann während eines Insolvenzverfahrens dadurch beseitigt werden, dass das Insolvenzgericht als Vollstreckungsgericht die Vollziehung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens aussetzt, ohne die Pfändung insgesamt aufzuheben (Abgrenzung von BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2015 – VII ZB 42/14, WM 2016, 133).

Anmerkung Kai Henning:

Diese Entscheidung des BGH hat eine hohe praktische Bedeutung, da sie den scheinbaren Widerspruch zwischen Entscheidungen des 7. und 9. Zivilsenats zur Frage der Behandlung alter, vor Insolvenzeröffnung ausgebrachter Pfändungen des Guthabens auf dem Pfändungsschutzkonto des Schuldners auflöst. Diese Pfändungen können nun auf entsprechenden Antrag durch das Insolvenzgericht ausgesetzt werden. Zur Aussetzung auf Schuldnerantrag und in der Restschuldbefreiungszeit hat sich der BGH wegen der allein vom Insolvenzverwalter zu einer Pfändung im eröffneten Verfahren eingelegten Beschwerde nicht äußern können.

Bei einer vor Insolvenzeröffnung ausgebrachten Pfändung des Guthabens auf dem Pfändungsschutzkonto des Schuldners ergibt sich nach Insolvenzeröffnung nunmehr folgende Lage:

  • Fällt die Pfändung des Kontos unter die Rückschlagsperre des § 88 InsO, ist sie anfechtbar nach §§ 129ff. InsO oder ist sie nach Insolvenzeröffnung erfolgt, beantragt der Insolvenzverwalter die Aufhebung der Pfändung als unzulässig. Zuständig ist ebenfalls das Insolvenzgericht nach § 89 Abs. 3 InsO (vgl. AG Göttingen Beschl. 26.10.18 – 74 IK 155/18 – InsbürO 2019, 100). Funktionell zuständig ist der Richter gem. § 20 Nr. 17 RPflG.
  • Ist die Pfändung insolvenzrechtlich nicht angreifbar, beantragt der Insolvenzverwalter im Wege der Erinnerung, die Pfändung bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens auszusetzen.

Auch dem Schuldner wird im eröffneten Verfahren ein Antragsrecht nicht abzusprechen sein, wenn die vor Insolvenzeröffnung ausgebrachte Pfändung in seine Rechte eingreift, er also ein Rechtsschutzbedürfnis hat. Der Treuhänder in der Restschuldbefreiungszeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens kann schon wegen der ihm übertragenen begrenzten Aufgaben nicht zur Antragstellung berechtigt sein. Dem Schuldner steht aber die Durchsetzung des Vollstreckungsverbots aus § 294 Abs. 1 InsO zu. Zuständig ist das Vollstreckungsgericht (vgl. AG Remscheid Beschl. 17.12.2019 -13 M 2520/19-).“

Siehe zum Thema auch HK-PrivatinsolvenzR/Butenob § 294 Rn. 8. Achtung aber: die o.g. BGH-Entscheidung bezieht sich auf die Zeit „während eines Insolvenzverfahrens“, der § 294 InsO auf die Wohlverhaltensphase.