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LG Hamburg zum Antrag einer Schuldnerin nach § 295a InsO

Nach § 295a Abs. 1 InsO obliegt es dem Schuldner, soweit er eine selbständige Tätigkeit ausübt, „die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre“. Die Bestimmung des konkreten Betrages war oft mit Unsicherheiten verbunden. Daher wurde Ende 2020 der Absatz 2 eingefügt, welcher bestimmt: „Auf Antrag des Schuldners stellt das Gericht den Betrag fest, der den Bezügen aus dem nach Absatz 1 zugrunde zu legenden Dienstverhältnis entspricht. Der Schuldner hat die Höhe der Bezüge, die er aus einem angemessenen Dienstverhältnis erzielen könnte, glaubhaft zu machen.“

Einen solchen Beschluss hat das AG Hamburg erlassen. Die Schuldnerin war aber mit dem festgestelltem Betrag nicht einverstanden und legte sofortige Beschwerde ein. Das LG Hamburg hat diese mit Beschluss vom 10.10.2024, 326 T 40/24, zurückgewesen. Aus der Entscheidung:

„Rn. 12: Die Höhe der zu leistenden Zahlungen hängt von dem für den jeweiligen Schuldner angemessenen Dienstverhältnis ab, das dieser alternativ zu seiner selbständigen Tätigkeit hätte eingehen können. Hierbei sind Ausbildung und Vortätigkeiten des Schuldners zu berücksichtigen (K. Schmidt InsO/Henning, 20. Aufl. 2023, InsO § 295a InsO, Rn. 4). Der zu bestimmende Betrag hat sich grundsätzlich an einer Vollzeitbeschäftigung zu orientieren. Ist der Schuldner aus persönlichen Gründen nicht in der Lage, eine Vollzeitbeschäftigung auszuüben, so hat er diese Gründe glaubhaft zu machen (vgl. BGH, Beschluss vom 1.3.2018 – IX ZB 32/17NZI 2018, 359).

Rn 13: … Zutreffend hat das Insolvenzgericht hinsichtlich der Bemessung des erzielbaren Einkommens auf den durch das statistische Bundesamt ausgewiesenen Bruttomonatsverdienst für vergleichbar qualifizierte und berufserfahrene Zahnärzte von 7.083,00 € abgestellt, welcher ein Bruttojahreseinkommen von 83.994,00 € ergibt….

Rn 15 f: Die Beschwerdeführerin hat hinreichende persönliche Gründe, die gegen eine Orientierung des festzusetzenden Einkommens an einer Vollzeitbeschäftigung bestehen könnten, weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Die Beschwerdeführerin hat zwar eine ärztliche Bescheinigung vom 4.3.2024 eingereicht, wonach sie wegen depressiver Verstimmung und massiven Schlafstörungen in Behandlung sei und aus nervenärztlicher Sicht die Tätigkeit als Zahnärztin auf 10 Stunden begrenzt sei (vgl. Bl. 347 d.A.). Über diese recht pauschale ärztliche Bescheinigung hinaus, hat die Beschwerdeführerin jedoch in keiner Form selbst dargelegt oder glaubhaft gemacht, welche konkreten gesundheitlichen Einschränkungen bei ihr bestehen und wie diese dazu führen würden, dass sie an der Ausübung einer Vollzeittätigkeit gehindert wäre. (…)

Rn 17 f: Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin alleinerziehend und Mutter zweier Kinder ist, führt ebenso wenig zu einer Einschränkung der Erwerbsobliegenheit. Die Frage, ob und in welchem Umfang ein Schuldner neben einer von ihm übernommenen Kinderbetreuung erwerbstätig sein muss, richtet sich in erster Linie nach den spezielleren familienrechtlichen Verpflichtungen. Als Grundlage der Beurteilung sind hierbei die zu § 1570 BGB entwickelten familienrechtlichen Maßstäbe heranzuziehen. Unter Berücksichtigung der heranzuziehenden familienrechtlichen Vorschriften ist davon auszugehen, dass nach Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes grundsätzlich eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils einsetzt (LG Hamburg, Beschluss vom 28. Mai 2018 – 330 T 10/18 -, Rn. 4, juris).“