Der BGH hat am 15.5.2025 unter IX ZB 8/25 entschieden – Leitsatz 2:
Bei Verurteilung des Schuldners zu einer Gesamtstrafe wegen einer oder mehrerer Straftaten nach den §§ 283 bis 283c StGB und anderer Straftaten kann weder im Kostenstundungsaufhebungsverfahren noch im Versagungsverfahren eine „fiktive“ Gesamtstrafe allein aus den Verurteilungen wegen der Straftaten nach den §§ 283 bis 283c StGB durch das Insolvenzgericht gebildet werden.
Zur Erinnerung: nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn „der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,“
Aus der BGH-Entscheidung: (Rn 13:) 3. Die Fragen, ob es für die Erheblichkeitsschwelle des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO beim Vorliegen mehrerer Straftaten auf die jeweilige Einzelstrafe oder die Gesamtstrafe ankommt und ob beim Zusammentreffen von Straftaten nach §§ 283 bis 283c StGB mit anderen Straftaten aus den Katalogtaten durch das Insolvenzgericht eine fiktive Gesamtstrafe zu bilden und zu berücksichtigen ist, sind bisher höchstrichterlich nicht geklärt. (…)
(Rn 16:) Richtigerweise ist zu unterscheiden. Die Bildung einer fiktiven Gesamtstrafe aus einschlägigen Einzeltaten durch das Insolvenzgericht ist gesetzlich nicht vorgesehen und läuft dem Zweck des Gesetzes sowie den berechtigten Interessen des Schuldners zuwider. Abzustellen ist allein auf die von den Strafgerichten tatsächlich verhängten Strafen. Danach sind die Voraussetzungen des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO in drei Fällen erfüllt:
Die Verurteilung zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten erfolgte wegen einer einzelnen Straftat nach §§ 283 bis 283c StGB. Hat das Strafgericht den Schuldner wegen mehrerer Straftaten zu einer Gesamtstrafe verurteilt, genügt es, wenn das Strafgericht im Rahmen der Festsetzung der Gesamtstrafe eine entsprechend hohe Einzelstrafe für auch nur eine Straftat nach §§ 283 bis 283c StGB festgesetzt hat. Schließlich kann auch eine Verurteilung durch ein Strafgericht zu einer Gesamtstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten ausreichen, wenn in diese Gesamtstrafe ausschließlich Einzelstrafen wegen Straftaten nach den §§ 283 bis 283c StGB eingeflossen sind.