Lösungsvorschlag – Praktischer Fall 4

Den Fall (siehe: https://www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/?p=15441) hat der BGH mit Beschluss vom 22.11.2018, IX ZA 14/18 wie folgt entschieden:

Fraglich ist, ob die Einspruchsfrist unverschuldet versäumt wurde.

1. Kann dies dadurch ausgeschlossen werden, weil der Schuldner es versäumt hat, schon gegen den Mahnbescheid Widerspruch einzulegen?

Nein! Eine solche Begründung liefe darauf hinaus, dass es nie zu einer Wiedereinsetzung bzgl. der Einspruchsfrist kommen könnte. Das soll aber nicht so sein.

2. Reicht es nicht für fehlendes Verschulden aus, dass der Schuldner im Urlaub war?

Das ist an sich durchaus denkbar!

Allerdings gilt dies nicht, wenn jemand bereits an einem gerichtlichen Verfahren beteiligt ist. Nach der Zustellung eines Mahnbescheids muss ein Schuldner mit weiteren gerichtlichen Zustellungen rechnen.

In einer solchen Situation muss er Vorsorge treffen, etwa seinen Posteingang kontrollieren (lassen) und für eine rechtzeitige Erledigung fristwahrender Handlungen sorgen.

Dies hatte im konkreten Fall der Schuldner nicht gemacht.

3. Gegenargument des Schuldners: Ich habe gar nicht mehr mit der Zustellung eines Vollstreckungsbescheids gerechnet. Immerhin habe ich den Mahnbescheid vor über 3 Monaten erhalten!

Dies Argument lies der BGH aus zwei Gründen nicht gelten:

Erstens ging es um eine erhebliche Forderung über 360.000 Euro.

Zweitens und vor allem bestimmt § 701 ZPO, dass die Wirkung des Mahnbescheids wegfällt, wenn der Antragsteller den Erlass des Vollstreckungsbescheids nicht binnen einer sechsmonatigen Frist beantragt, die mit der Zustellung des Mahnbescheids beginnt.

Daher darf ein Schuldner auch erst ab einer Frist von sechs Monaten ab der Zustellung des Mahnbescheids nicht mehr mit weiteren Zustellungen rechnen und ohne Vorbereitungen in den Urlaub fahren.

4. Der Leitsatz des BGH lautet:

Verfolgt der Kläger eine erhebliche Forderung mit einem Mahnbescheid, muss eine Partei, die tatsächlich Kenntnis vom Mahnbescheid erhält und keinen Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegt, erst ab einer Frist von sechs Monaten ab der Zustellung des Mahnbescheids nicht mehr mit weiteren Zustellungen rechnen.

Darstellung: RA Matthias Butenob


Weitere Fälle:
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