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OLG Frankfurt: keine PKH-Zahlungsanordnung nach Insolvenzeröffnung möglich

UPDATE 13.04.2020: siehe BGH: Staatskasse als Insolvenzgläubigerin für bereits bei Insolvenzeröffnung angefallene Gerichtskosten


OLG Frankfurt am Main, 03.01.2019 – 5 WF 133/18 – Orientierungssatz:

Die Staatskasse kann nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gerichtskosten und verauslagten Rechtsanwaltsgebühren nicht mehr durch die Anordnung einer Ratenzahlung geltend machen, sondern sie hat die Forderung zur Tabelle anzumelden.

Aus der Entscheidung:

„Die Staatskasse ist Insolvenzgläubigerin i.S.v. § 38 InsO, … Es ist insolvenzrechtlich unerheblich, dass diese Kosten durch die VKH-Bewilligung* gestundet waren, …. Denn gemäß § 41 InsO gelten auch gestundete Forderungen im Insolvenzverfahren als fällig. …

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkt gem. § 87 InsO, dass Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen können. Dies gilt auch für die Staatskasse, soweit es um die hier betroffene Forderung geht. Es gibt keine gesetzliche Regelung, die Forderungen des Staates im Insolvenzverfahren generell privilegiert. …

Die Zulässigkeit einer Ratenzahlungsanordnung kann nicht damit begründet werden, dass die Raten nur aus dem pfändungsfreien Einkommen zu bemessen sind. Es trifft zwar zu, dass gem. § 36 InsO das pfändungsfreie Vermögen nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Der Insolvenzschuldner ist daher nicht gehindert, aus diesem Vermögen von sich aus Verfügungen zu treffen. Dies besagt aber nicht, dass ein Insolvenzgläubiger auf dieses unpfändbare Einkommen zugreifen könnte. Denn gemäß § 89 Abs. 1 InsO sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens Vollstreckungen der Insolvenzgläubiger weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig. Der Schuldner kann daher zwar aus seinem pfändungsfreien Einkommen Verfügungen treffen; das Vollstreckungsverbot verbietet es aber, dass solche Verfügungen zwangsweise – also etwa durch eine Ratenzahlungsanordnung – durchgesetzt werden. Dies würde zu einer Privilegierung der Staatskasse als Insolvenzgläubigerin führen. Solchen Privilegierungen will die Insolvenzordnung aber – von gesetzlich geregelten Ausnahmefällen abgesehen – gerade verhindern. …“

* Anmerkung: VKH-Bewillligung = Verfahrenskostenbewilligung. Es ging um eine Scheidung; dort wird Verfahrenskostenhilfe gewährt, was aber im Wesentlichen der Prozesskostenhilfe entspricht (vgl. § 76 FamFG)

vgl. auch https://www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/2007/prozesskostenhilfe-pkh-und-insolvenzverfahren/

sowie LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 05.01.2011 – 10 Ta 266/10; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 19.12.2011 – 10 Ta 271/11; OLG Bamberg v. 24.11.2003 – 2 WF 163/03, und OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.08.2018 – 6 WF 158/18.

Diese Seite wurde (zuletzt) aktualisiert am: 13.04.2020