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BGH: Nach Freigabe einer selbstständigen Tätigkeit gem. § 35 Abs. 2 InsO lebt eine vor Verfahrenseröffnung vereinbarte Abtretung während des eröffneten Insolvenzverfahrens nicht wieder auf

In seinem aktuellen Inso-Newsletter 7-19 weist RA Kai Henning auf das BGH-Urteil vom 6.6.2019 -IX ZR 272/17-, welches er wie folgt zusammenfasst:

Nach Freigabe einer selbstständigen Tätigkeit gem. § 35 Abs. 2 InsO lebt eine vor Verfahrenseröffnung vereinbarte Abtretung während des eröffneten Insolvenzverfahrens nicht wieder auf (Aufgabe von BGH Urt. vom 18.4.13 -IX ZR 165/12-).

Anmerkung RA Henning: „Mit dieser Entscheidung gibt der 9. Senat des BGH mit anerkennenswerter Deutlichkeit seine Rspr. zur Konvaleszenz einer vor Eröffnung des Verfahren erfolgten Abtretung im Falle der Freigabe der Selbstständigkeit auf. Das Urt. vom 18.4.13 -IX ZR 165/12- hatte insbesondere viele insolvente Ärzte kalt erwischt und schlimmstenfalls zur Insolvenz in der Insolvenz geführt. Der abtretende Schuldner musste sich mit der Bank als Zessionar in oft mühevollen Verhandlungen unter Berufung auf § 850i ZPO auf einen für die Fortführung der Praxis und den Lebensunterhalt erforderlichen monatlichen Betrag einigen.

Zur Begründung seiner Entscheidung stellt der BGH auf Sinn und Zweck der Freigabe einer selbstständigen Tätigkeit gem. § 35 Abs. 2 InsO ab und lässt einen Rechtserwerb des Zessionars an § 91 InsO scheitern. Damit klärt er auch eine noch bestehende Unsicherheit zum Fortgeltung der Rechte aus einer Abtretung nach erteilter Restschuldbefreiung. Gem. § 301 Abs. 2 InsO werden nur die Rechte von der Restschuldbefreiung nicht berührt, die im eröffneten Verfahren zur abgesonderten Befriedigung berechtigen. Die vor Verfahrenseröffnung vereinbarte Abtretung erfasst gem. § 91 InsO die nach Eröffnung entstehenden Rechte aber nicht und berechtigt daher nicht zur abgesonderten Befriedigung i.S.d. § 301 Abs. 2 InsO. Rechte aus der Abtretung können daher nach Erteilung der Restschuldbefreiung nicht mehr geltend gemacht werden.

Die Rechte aus einer Abtretung stehen daher mit Blick auf den Ablauf des Verfahrens einer natürlichen Person mit beantragter Restschuldbefreiung den Rechten eines Insolvenzgläubigers zur Aufrechnung gleich. Im eröffneten Verfahren ist die Aufrechnung gem.  § 96 unzulässig, der Rechtserwerb aus der Abtretung gem. § 91 InsO ausgeschlossen. In der Wohlverhaltensphase nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens greift das Aufrechnungsverbot aber nicht mehr, so dass der Insolvenzgläubiger aufrechnen darf ( BGH Urt. 21.7.2005 -IX ZR 115/04- NZI 2005, 565). Ebenso erfolgt in der Wohlverhaltensphase wieder ein Rechtserwerb aus der Abtretung. Nach Erteilung der Restschuldbefreiung ist dem Gläubiger die Aufrechnung verwehrt, da die Insolvenzforderung ihre Durchsetzbarkeit verloren hat und damit nicht mehr voll wirksam und fällig ist (Heidelberger Kommentar-InsO/Waltenberger 9. Aufl. § 301 Rn. 3; Uhlenbruck/Sternal Insolvenzordnung 15. Aufl. Rn. 17). Auch die Rechte aus der Abtretung entfallen nach Erteilung der Restschuldbefreiung gem. § 301 Abs. 2 InsO (Uhlenbruck/Sternal a.a.O. Rn. 33; Ahrens NZI 2014, 529; Kuleisa ZVI 2015, 85; Riedel ZVI 2015, 91). „