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BGH zur Nichtzahlung einer Nutzungsentschädigung an die Masse: kein Grund Restschuldbefreiung zu versagen

In seinem aktuellen Newsletter weist RA Kai Henning auf BGH, Beschl. vom 19.11.15 – IX ZB 59/14 zu InsO § 290 Abs. 1 Nr. 5 aF InsO hin. Leitsatz des Gerichts:

Die Pflicht des Schuldners, im Insolvenzverfahren für die Nutzung seiner Eigentumswohnung eine Entschädigung an die Masse zu zahlen, ist keine Mitwirkungspflicht nach der Insolvenzordnung, bei deren Verletzung die Restschuldbefreiung zu versagen wäre.

Anmerkung RA Kai Henning:

Die Entscheidung verdient unter zwei Gesichtspunkten Beachtung.

– Zum einen bestätigt der BGH, dass der Schuldner für die Nutzung seiner eigenen massezugehörigen Immobilie im eröffneten Verfahren eine Entschädigung zu zahlen hat, was in der Schuldnerberatungspraxis häufig übersehen wird. Zahlt der Schuldner diese Entschädigung nicht, kann der Insolvenzverwalter ihm das Nutzungsrecht entziehen und die Herausgabe der Immobilie verlangen und auch räumen. Nimmt der Verwalter die Immobilie als Massebestandteil in Besitz und verlangt eine Nutzungsentschädigung, hat er allerdings auch die aus der Immobilie folgenden Kosten wie Grundsteuer, Abfallbeseitigung oder Immobilienversicherung als Masseverbindlichkeiten zu übernehmen. Ob diese Kosten dem Schuldner ebenfalls auferlegt werden können, erscheint angesichts einer gem. § 556 BGB zu den Betriebskosten erforderlichen Vereinbarung fraglich. Die Höhe der Nutzungsentschädigung dürfte sich an der ortsüblichen Miete orientieren. § 546a BGB gibt hier Orientierung. Eine Reduzierung der Nutzungsentschädigung mit der Begründung, dass nicht die gesamte Immobilie genutzt wird, dürfte nur dann möglich sein, wenn die nicht genutzten Räume abtrennbar und damit durch Dritte nutzbar sind.

– Zum anderen trennt der 9. Senat sehr genau und überzeugend hinsichtlich der Mitwirkungspflichten des Schuldners aus § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Auf den ersten Blick mag der Unterschied zwischen der Nichtzahlung einer Nutzungsentschädigung nach Verfahrenseröffnung und der Nichtherausgabe der massezugehörigen Immobilie entgegen dem Verlangen des Insolvenzverwalters schwer auszumachen sein. In beiden Fällen verhält sich der Schuldner zu Lasten der Masse nicht korrekt. Auch die Instanzgericht haben diesen Unterschied bei einer wohl eher allgemeineren, wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht gesehen. Es ist aber das Verdienst des 9. Senats, das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen eines Versagungsgrundes des § 290 Abs. 1 InsO stets genau zu prüfen und damit auch die abschließende Regelung der Versagungsgründe in § 290 InsO zu betonen. § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO verlangt die Verletzung einer Mitwirkungspflicht nach diesem Gesetz, also nach der InsO und grenzt den Tatbestand damit ein. Die Verpflichtung zur Zahlung der Nutzungsentschädigung ist aber bereicherungsrechtlicher Natur ist und folgt nicht aus Regelungen der InsO.

Vorinstanzen:
AG Oldenburg, Entscheidung vom 03.06.2014 – 65 IN 5/11
LG Oldenburg, Entscheidung vom 22.08.2014 – 17 T 433/14