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Kündigung eines Bankdarlehens wegen Zahlungsverzuges: Voraussetzungen des Anspruches der Bank auf Vorfälligkeitsentschädigung

Hier eine Entscheidung für Bank-Fachleute: Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 21.05.2015, Aktenzeichen: 5 U 207/14.

Daraus: „In Bezug auf Voraussetzungen und Zweck ist zu trennen zwischen dem Verzugsschaden und dem hier streitigen Anspruch statt der Leistung, der sich auf entgangene vertraglich geschuldete Zinsen richtet.

Beim Verzugsschaden ist der Darlehnsnehmer mit der Rückzahlung des geschuldeten Betrages teilweise oder ganz in Verzug. Verzug liegt vor, wenn der Darlehensnehmer den vereinbarten Rückzahlungszeitpunkt nicht eingehalten hat. Der Darlehensgeber erhält das geschuldete Kapital nicht zu dem vereinbarten Zeitpunkt zurück. Das bedeutet, dass dem Darlehensnehmer die Kapitalnutzung über den ursprünglich vereinbarten Nutzungszeitraum (der mit der vereinbarten Fälligkeit endet) hinaus zusteht.

Bei dem Anspruch auf entgangenen Zins liegt genau die umgekehrte Situation vor. Der Darlehensnehmer hat den geschuldeten Darlehnsbetrag entweder ganz oder zum Teil vor den vereinbarten Fälligkeitszeitpunkten zurückgezahlt. Die ursprünglich vereinbarte Zeit der Kapitalnutzung verkürzt sich.

Dem Darlehensgeber entstehen in beiden Situationen gänzlich andere „Schäden“, die er ausgeglichen haben will.

Im Falle des Verzugs erhält der Darlehensgeber den geschuldeten Betrag nicht wie vereinbart zurück. Regelmäßig wird in dieser Situation anerkannt, dass der Darlehensgeber einen Schadensersatz dafür erhält, dass er das nicht vorhandene Kapital nicht anlegen (entweder im Rahmen einer weiteren Kreditgewährung oder im Rahmen einer Geldanlage) und entsprechende Verzinsung erzielen kann. Nur diesen Fall regelt § 497 Abs. 1 BGB. In dieser Situation verbleibt die Kapitalnutzung beim Darlehensnehmer über die vereinbarte Zeit hinaus. Für die ursprünglich vereinbarte Nutzungsdauer erhält der Darlehensgeber den vereinbarten Vertragszins. Bei der Frage, ob der Darlehensgeber auch nach Verzugseintritt noch den vereinbarten Vertragszins geltend machen kann, handelt es sich daher nicht um eine Frage des entgangenen Gewinns (da die Kapitalnutzung die vertraglich vorgesehene Dauer erreicht, erhält der Darlehensgeber den kalkulierten Gewinn), sondern es geht um die Frage, in welcher Höhe dem Darlehensgeber ein Schadensersatzanspruch zusteht, wenn die Kapitalnutzung über die vereinbarte Dauer hinaus beim Darlehensnehmer verbleibt. § 497 BGB regelt für diesen Fall, dass nicht der Vertragszins sondern nur der Verzugszins, bei Immobiliendarlehensverträgen, wie hier, nach § 503 Abs. 2 BGB in Höhe von 2,5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu beanspruchen ist.

Im Falle der vorzeitigen Rückzahlung (vor Fälligkeit) erhält der Darlehensgeber den geschuldeten Betrag vor vereinbarter Fälligkeit zurück. Die ursprünglich vereinbarte Zeit der Kapitalnutzung verkürzt sich. Der Darlehensgeber erhält den vereinbarten Vertragszins nicht für die ursprünglich vereinbarte Nutzungsdauer, sondern nur bis zur vorzeitigen Rückzahlung. Der Schaden des Darlehensgebers besteht hier im vertraglich vereinbarten Zinsgewinn. Er hatte für die vereinbarte Nutzungsdauer einen Zinsgewinn kalkuliert. Diese Leistung (Zinszahlung bis zum Ende der vereinbarten Nutzungsdauer) kann nicht mehr erbracht werden, so dass Schadensersatz statt der Leistung gefordert wird.

Verzugsschaden und entgangener Zinsgewinn können nicht den gleichen Zeitraum betreffen. Denn in einem Fall ist das Kapital nicht zurückgezahlt (Verzug) und im anderen Fall ist es vorzeitig zurückgezahlt (entgangener Zinsgewinn). Ein Darlehensnehmer kann sich mit demselben Betrag nicht gleichzeitig in Verzug (verspätete Rückzahlung) und in dem Bereich der Vorfälligkeit (verfrühte Rückzahlung) befinden. (…)

Die Regelung des § 497 Abs. 1 BGB erfasst nur Verzugsschadensersatzansprüche. Die Auslegung dieser Vorschrift führt nicht zu dem Ergebnis, dass § 497 Abs. 1 BGB eine abschließende Regelung dahingehend ist, dass auch außerhalb des Verzuges die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches statt der Leistung in Höhe der entgangenen Vertragszinsen ausgeschlossen ist. (…)

Die Revision ist zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Weder aus dem Anerkenntnisurteil vom 15. Januar 2013 des 11. Senats des Bundesgerichtshofs (Verfahren des Oberlandesgerichts Frankfurt ((9 U 76/10)) noch aus der Rücknahme der Revision ebenfalls am 15. Januar 2013 vor dem 11. Senats des Bundesgerichtshofs (Verfahren des Oberlandesgerichts Frankfurt (23 U 386/09)) ist zu erkennen, ob der § 497 BGB auch den Schadensersatzanspruch statt der Leistung ausschließt.“